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Vivarium > Strobel und Soehne

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Jahr: ab 1930
Bemerkung:
ArtikelNr. 3241

 

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Personal. Diverse Archivalien des Unternehmsarchivs der Firma J. Strobel & Söhne, München. Thema hier: Das Personal der Firma.

- Heft Löhne. Vordruck „Reiseberichts-Durchschriften“, vorne handschr. „Löhne“, 1937-1941, 1946-1947. 4°, Halbleinwandeinband, 100 Blatt (Blatt jeweils mit Vordruck oben). Das Buch wurde ab 1937 als eine Art spezielles Personal-Lohnerhöhungs-Notizbuch geführt. Die Aufzeichnungen beginnen auf Blatt 2 („Dreher Riesl erhält ab 27.5. aus Anlaß seiner V... [unles.] 3 Pfennige Zulage (Neuer Stundenlohn 65 Pfennige) – auf Ersuchen. 28.5.37, Scha“). Jede Seite des Buches ist vorne beschriftet. So dokumentiert ist der Zeitraum vom 27.5.1937 zum 4.4.1941 und dann vom 8.7.1946 zum 28.7.1947. Als Urheber der Texte erscheint ein gewisser Schauder, Kürzel Scha. Wahrscheinlich hielt er hier fest, was den Arbeitern bereits mündlich zugesagt war, von der Unternehmsleitung aber noch bestätigt werden musste. Beiliegend eine handschr. Liste wohl aller 40 Arbeiter, mit Löhnen Ende 1944 und am 8.7.1946. 1938 reichen die vermerkten Löhne von ca. 45 bis 105 Pfennig pro Stunde.

- Heft „Gehälter ab 1.1.25“. Kleines Schulheft, kl.8°, broschiert, ca. 30 Blatt, vorne handschr. betitelt. Erfasst sind 6-8 Personennamen, pro Doppelseite in 2 Monatsrubriken, jeweils mit Netto- und Bruttolöhnen, Krankenkassen- und Versicherungsabzügen. Erfasst der Zeitraum von Januar 1925 bis März 1927.

- Heft ohne Titel (kl.8°, br., 16 Seiten, 2 lose), enthalten eine Liste ab 24.9.1936, darin aufgeführt ca. 80 Personennamen und deren Stundenlohn und Lohnerhöhungen. Teils mit Berufsbezeichnung. Etliche Namen durchgestrichen (bei Kündigung).

- Kladde „Belegschaftsliste für Herrn O. Strobel“, ca. 1950-1953. 4°, Kartonmappe mit ca. 20 teils eingeklemmten, teils losen Blatt. Für verschiedene Zeiträume ist hier der Personalstand, teils namentlich, teils nur in Aufstellung angegeben. Die größte Liste wurde 1952 erstellt. Auf kleinen Zetteln sind die Zahlen für 11/1940 und 4/1941 verzeichnet, dazu diverse kleine Listen aus der Kriegszeit. 1952 trat ein Franzose, ein gewisser Emile Canivet, der wohl als Zwangsarbeiter am 21.6.1943 erstmals im Werk tätig gewesen war, freiwillig wieder ein – was zweifelsohne für Strobel & Söhne spricht.

- Hefter mit weiteren Belegschaftslisten, betitelt „Personal, Geburts- + Eintrittsdaten sowie Weihnachts-Gratifikation“. 4°. Es sind so überliefert 2 Gesamt-Personal-Listen (je namentlich), mit Geburts- und Eintrittsdatum der einzelnen Mitarbeiter/innen, einmal ca. Mitte 1956, einmal 8.5.1961 (je ca. 3 Blatt). Dazu eine Auflistung der Gestorbenen (1Blatt), „Weihnachtsgratifikation 1958“ (5 Blatt), Jubilare 1956 (1 Blatt), Liste des gesamten Personals mit Gehalt (ca. 1956, ca. 10 Blatt).


Photoalben / Photoalbum

- Belegschafts-Fotoalbum, um 1935-1945. Gr.-quer-8° (33x25cm), Kunstledereinband, Kordelbindung, ca. 22 kartonstarke Blatt mit Pergaminzwischenseiten. Enthalten sind ca. 200 s-w-Fotos zumeist in Paßfotoformat (ca. 4x6 bis 6x9cm). Zustand: Ein Bilder ist entfernt, Bindung gelockert, berieben, Pergaminblätter vereinzelt mit Riss, sonst schön.
Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter der Firma ist in dem Photoalbum enthalten. In hauchdünner und sehr schöner, fast fehlerfreier Handschrift wurde unter jedes Bild der Name mit Geburtsdatum sowie der Zeitpunkt des Dienstein- und Dienstausrittes eingetragen. Soweit bekannt, hat man auch das Sterbedatum vermerkt. Die nachgetragenen Jahreszahlen datieren bis 1945. Das Album wurde höchstwahrscheinlich um 1935 begonnen, bis 1943 regulär und dann bzgl. der Neueintretenden provisorisch bis 1945 weitergeführt. Die letzten Seiten wurden 1944-1945 beigefügt und zeigen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zumeist aus Frankreich. Das Album stellt eine ganz ausserordentliche Bildquelle dar!
S.1: Rosa, Alfons, Oskar und Liese Strobel (Rosa und Liese sterben beide 1943, 3x Kopien wohl aus einem Buch);
S.2: lose Fotos: Sterbetafel für einen Mitarbeiter, den Erwin Fuchs, den ersten Toten der Strobel-Belegschaft, gef. 1942 - er starb „im Kampf gegen England“ als sein Boot (wohl ein U-Boot) unterging, sein Portrait ist im Album 2x enthalten; Oskar Strobel legt einen Blumenstrauss nieder bei Foto eines gefallenen Mitarbeiters (Gebirgsjäger Johann Voith, gef. 26.5.1942 in Charkow); Oskar oder Alfons ca. 1925 vor einem See.
SS. 3 – 40 und hinterer Einbandinnendeckel: Belegschaft, zu 2/3 aus Männern bestehend, einige wenige in Uniform, meist in Zivil, teils in privaten Szenen, teils Paßfotos. Teils sind die Blätter beidseitig, teils einseitig beklebt. Ein Blatt sticht hervor: Oben ein gemaltes Eisernes Kreuz und Text „Sie gaben ihr Leben im Kampf fürs Vaterland“, darunter 3 grössere Fotos, datiert 1943.
SS. 41-44 wurden provisorisch beigefügt, und zeigen auf rund 25 Fotos die Fremdarbeiter und Fremdarbeiterinnen der Firma, die im Zeitraum von 1941 bis 1945 eintreten. Das wohl zumeist unfreiwillig eingetretene Personal stammt zumeist aus Frankreich und später auch Italien.


- Fotoalbum Tabatt, ca. 1965. Photoalbum des Reinhold Tabatt, Schledestrasse 22, Hamburg 20. Gr.8°, grüner Kunstledereinband, ca. 50 kartonstarke Seiten und Pergaminblatt. Enthalten ca. 35 s-w-Abzüge im Format 21x16 oder 16x21cm, unbeschriftet, vorne mit montierter Visitenkarte des Photographen. Das Album ist nicht datiert, es wird in den 1960ern entstanden sein. Schöner Zustand. Tabatt vertritt laut seiner Visitenkarte die Zeitschriften „World news for shoes“, „Canadian shoe repair“ und das „Canadian Magazine for the world“ als „alleinbemächtigter Pressefotograf und Korresapondent für Europa“. Das Album wurde wohl als Auftrag oder im Zuge einer größeren Reportage über Strobel erstellt. Die Fotos und Abzüge sind von bester Qualität. Sie entstanden während eines Aufenthalts der Tabatt im Werk. Abgebildet sind 4 Reihen von Bildern: Maschinen (zumeist Kl. 140 L in Gesamtansichten und Details, sowie mit einem hübschgemachten Arbeiter), Personal (Alfons Strobel jun. in wundervollen Portraits im Gespräch mit einigen seiner Angestellten und 2 Arbeiter mit Maschinen, einmal bei Schuhreparatur), 2 Ansichten vom Büroraum wohl des Strobel (eine Wandtafel mit Postbelegen aus aller Welt neben alter Schreibmaschine) und Ansichten von Werkzeugschränken und gelagerten Nähmaschinen.

- Fotoalbum Betriebsausflug 10.11.1973, Freising-Lindenkeller. Quer 8°, Kartondeckel, Kordelbindung, 9 Blatt mit je 4 s-w-Fotos à 12x9cm, gesamt also 36 Fotos, allesamt unbeschriftet. Album betitelt „Betriebsausflug 10.11.1973“, Freising-Lindenkeller“. Abgebildet sind das Personal des Betriebes beim Essen im Lindenkeller zu Freising. Jeweils Detailbilder von Menschen an einzelnen Tischen. Einband etwas fleckig, sonst gut. Die schönen Bilder zeugen von der heute sonderlich anmutenden Haar- und Kleider-Mode der Zeit, ebenso vom ungehemmten Tabakkonsum vergangener Jahrzehnte.
- Fotoalbum Ludwig II. Dazu in gleicher Gestaltung ein Fotoalbum, betitelt „Gewitter am See, 10.11.73, Freising-Lindenkeller“. Gezeigt sind 78 Fotos (im Format 9x9cm) einer Theateraufführung, die die Freisinger Laienspielgemeinschaft im „Asamsaal“ für die Strobel-Belegschaft aufführte. Der Titel des Albums ist irrtümlich, denn das Stück wurde im Freisinger „Asamtheater“ bzw. „Asamsaal“ aufgeführt, nicht im Lindenkeller. Das Stück „Gewitter“ von Wolfgang Christlieb behandelt Ludwig II von Bayern und dessen Schicksale. Dazu ein kleiner Akt mit Schriftsätzen und Briefen zur Theateraufführung. Hieraus geht hervor, daß Strobel die Aufführung für 2000DM bei der Stadt Freising bestellt hatte, daß man zuvor Kontakt mit Albert Widemann vom „Verein zur Wiedererrichtung eines Denkmals für König Ludwig II von Bayern“ aufgenommen hatte (von dem auch eine kopierte Stellungnahme zum Stück vorliegt), daß 1973 der Betrieb einen Mitarbeiter hatte, der mit einem Sohn eines Dr. Gudden (Enkel des Leibarztes Ludwigs?) zur Schule gegangen war, und letztlich, daß der damalige Freisinger Theater-Spielleiter Simon Huber (gestorben im August 2006) mit einer nicht unbedeutenden Portion Eitelkeit ausgestattet war. Beiliegend außerdem 2 Kontaktabzüge mit Bildern des Stücks (hier allerdings normales Kleinbildformat), Negative oder Abzüge fehlen.


Das Konvolut stammt aus dem Firmenarchiv des Nähmaschinenherstellers Strobel und Söhne, München. Das Traditionsunternehmen wurde um 2005 stark verkleinert. Im Zuge dieser Minimierung wurde das geräumige Firmenareal in Puchheim bei München (Benzstr. 11) aufgelöst. Teile des Archivs konnten vor der Vernichtung gerettet werden – und werden nun hier zum Kauf angeboten. Die betreffenden Archivalien entstammen bis auf wenige Ausnahmen dem Zeitraum bis ca. 1950.
Kurz zur Firmengeschichte: Johannes Strobel aus Hefigkofen bei Tettnang (Württemberg) trat 1875 beim Münchner Nähmaschinenfabrikanten “Simmerlein & Willareth“ ein. 1883 übernahm Johannes, der sich mittlerweile Jean nannte, den Betrieb, der dann „J. Strobel“ hieß. Später kam es zu Umbenennungen: Ab 1914 (Jeans Todesjahr) „J. Strobel & Sohn“, ab 1919 „J. Strobel & Söhne“, ab 1930 „J. Strobel & Söhne Spezial-Nähmaschinen-Fabrik GmbH“. Bis in die frühen 1920er-Jahre hinein wurde der Umsatz des Unternehmens primär durch den Weiterverkauf von Nähmaschinen anderer Hersteller (z.B. Pfaff, Adler) erwirtschaftet, dazu fertigte man Fahhräder und reparierte Maschinen aller Art. Ab ca. 1922 gelang es Strobel, anfangs primär dank der Tätigkeiten des 1919 wieder ins Werk eingetretenen Alfons Strobel (sen.), sich als Hersteller von Spezialnähmaschinen auf dem europäischen Markt zu etablieren. Die Firma war anfangs ansässig in der Brienner Strasse 30-32 (Simmerlein & Willareth), später in der Landwehrstrasse 18 (ca. 1884, Beginn des Baus von Fahrrädern), dann der Erzgießereistrasse 7 (hier genannt „Münchener Velociped-Fabrik J. Strobel“). Ab 1926 fertigte man in der Heimeranstrasse 44 (Kauf Ende 1919) bzw. 42 bzw. Heimeranplatz 2. In den 1980ern zog das Unternehmen dann nach Puchheim um. Ladengeschäfte bestanden in der Dachauer Strasse 14 (erstes „Geschäftslokal“, ab 1883), dann der Dachauer Strasse 26 oder 28 (Ladengeschäft ab 1893), dann der Bayerstrasse 85 (Ladengeschäft ab 1.4.1928, im Zweiten Weltkrieg vollkommen ausgebrannt).

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